Gerade im kulturellen und sozialen Bereich wurde seit 2014 stark in der Ostukraine investiert. Dazu gab es Gelder der EU und aus Deutschland. Diese Realität passt nicht zu russischen Narrativen, nach denen Kiew die Ostukraine unerträglich diskriminiere. Daher zerstört Russland seit 2022 systematisch genau diese Einrichtungen.
Hintergrund: Im stark industriell geprägten Donbas gab es schwere Strukturkrisen nach dem Zusammenbruch der UdSSR. Korruption lähmte die Entwicklung. Viele Menschen in der Ostukraine hatten Sorgen vor einem einer Westorientierung des Landes und einem möglichen EU-Beitritt: Dass sie z.B. durch den Verlust von Handelsbeziehungen zu Russland ihre Arbeitsplätze verlieren.
Die deutsche Bundesregierung engagierte sich vor 2022 über Programme zur Entwicklungshilfe auch gerade mit Projekten in der Ostukraine / Donbas. Und diese zielten besonders auf die Stärkung der Infrastruktur und Zivilgesellschaft, viele breit gestreute Projekte, die mit der lokalen Bevölkerung abgestimmt wurden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesentwicklungs-Ministerium vom 2. Februar 2022 https://www.bmz.de/de/aktuelles/aktuelle-meldungen/deutschland-steht-an-der-seite-der-ukraine-103780
Kulturpalast Lozova
Als erstes Beispiel dafür sei der Kulturpalast in der Stadt Lozova im Oblast Charkiw genannt. Er wurde 2021 umfassend modernisiert. Die Gesamtfläche der Einrichtung betrug 9165 m². Es gab:
- ein Auditorium 2382,5 m²
- einen kleiner Vortragssaal
- 3 Tanzsäle
- eine Turnhalle
- 2 Räume für methodisches Arbeiten / Werkräume
- 16 Räume für Zirkel und Vereine.
Das Kulturzentrum wurde von der Zivilbevölkerung sehr positiv angenommen und in einer großen Breite genutzt. Dort fest verankert waren:
- 9 Gesangsvereine
- 1 Chor
- 10 Choreografievereine
- 6 Theatervereine
- 2 Instrumentalensembles
- eine Blaskapelle
- 2 Folklorevereine
- Filmvereine
- einen Fotoklub
- diverse Hobbyvereine
Allein die Gesamtzahl der aktiven Mitglieder dieser Vereine betrug 828 Personen. Hier zeigt sich, wie konkret die Lebensbedingungen in der Ostukraine verbessert wurden, gerade auch nach den von der Regierung Selenskyj angestoßenen Reformen zur Dezentralisierung der Ukraine, die von der EU und Deutschland geforderten und geförderten wurden.
Welche deutsche Kleinstadt mit 50.000 Einwohnern würde nicht auch gerne ein so modernes Kulturzentrum haben? Was machen die russischen "Befreier" damit am 20. Mai 2022?
Russland beschoss den Kulturpalast gezielt mit weitreichenden Raketen und zerstörte ihn schwer. Die Front war zu dem Zeitpunkt mehr als 55 km entfernt: Das Kulturzentrum taugte kaum als militärisches Infraststruktur, es war kein militärisches Ziel.
Kinderheim in Druschkiwka
Ein anderes Beispiel ist das Kinderheim in Druschkiwka im Oblast Donezk (die Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Annette Werberger wies auf diesen Fall hin):
Es wurde im Jahr 2017 umfassend für 1 Million € modernisiert. Die Ausstattung war vorbildlich. Es heißt ja, man soll Gesellschaften daran messen, wie sie mit ihren Schwächsten umgehen: Hier Waisenkinder und Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen. Ihnen wurde ein sicheres, komfortables, ihre Persönlichkeit und Talente förderndes Umfeld zur Verfügung gestellt.

Am 27. März 2023 lag Druschkiwka noch 30 km hinter der Frontlinie bei Bachmut. Es war damals noch kein Ort von Kampfhandlungen. Trotzdem zerstörten die russischen Streitkräfte damals das Kinderheim durch gezielten Raketenbeschuss. Wie so viele soziale Einrichtungen und Kulturstätten in der Ukraine in den letzten 3 Jahren.

Zehntausende ukrainische Schulen, Universitätsgebäude, Theater, Museen wurden so durch russische Bomben- und Raketenangriffe zerstört, insbesondere in der Ostukraine.
Befreiung der Ostukraine?
Immer noch wird von einigen Akteuren in Deutschland das russische Propaganda-Narrative verbreitet, Putin wollte in der Ostukraine lebende "Russen" vor Diskriminierung durch eine angebliche "Nazi"-Regierung in Kiew schützen, die diese Russen unterdrücke, und er wolle diese "Russen" befreien. Und die Ostukrainer wollten mehrheitlich Anschluss zu Russland. Solche Behauptungen, die bar jeder Grundlage sind, erweisen sich nicht nur angesichts der brutalen russischen Kriegsführung in der Ostukraine als absurd.
Denn es gibt viele Belege dafür, welche hohen Investitionen die angebliche "Nazi-Regierung" in Kyjiw für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der sog. "Russen" im Donbas gestemmt hat. So gab es vor Beginn der Vollinvasion 2022 viele Berichte, dass Menschen dort Verbesserungen spürten und auch wieder Hoffnung auf Zukunft.
Wirksame Kleinstprojekte
Die EU gewährte der Ukraine bis 2022 17 Mrd. Zuschüsse und Kredite. Die deutschen Hilfen alleine betrugen 2 Mrd. Darunter war 500 Millionen Entwicklungshilfe, die gezielt auch in Kleinstprojekte vor Ort flossen. Hier ein Artikel aus 2021:
Russland und seine Unterstützer unterstellen den pro-westichen ukrainischen Regierungen nach 2014, die Regionen der Ostukraine strukturell zu benachteiligen. Tatsächlich gibt es aber viele Berichte von Vorzeigeprojekten im Donbas, weil gerade ab dem Jahr 2014 durch die damals begonnene Föderalisierung mehr Geld aus Kiew in die östlichen Regionen floss.
Russland zerstört heute systematisch genau diese Projekte im Donbas, die auch mit deutschen und EU-Geldern finanziert wurden. Denn im "Russki Mir", der in den von Russland besetzten Gebieten Einzug hält, gibt es keine Hoffnung für die Zivilbevölkerung. Keine kulturelle Vielfalt, kein bürgerschaftliches Engagement, kaum Fürsorge für Behinderte und Waisen.